Erstellt am Oktober 2024

Wer bin ich, wenn ich nicht die perfekte Mama bin?

Mutterschaft

Mutterschaft — ein Thema, das seit Ewigkeiten analysiert, hinterfragt und bewertet wird. In unserer heutigen Gesellschaft, die von vielfältigen Ansprüchen geprägt ist, stellt sich die Frage: Was macht eine „perfekte“ Mutter wirklich aus?

Unsere Gesellschaft ist oft schnell darin, starr festzulegen, wie Mutterschaft auszusehen hat. Diese Ansprüche sind oft alt und überholt, doch sie halten sich hartnäckig. Viele Kulturen sehen in der Mutter noch immer primär diejenige, die sich aufopfert, die stets da ist — doch das Bild der Mutter ist so viel mehr als das.

Familie geht spazieren

Die Mutter, die alles für ihr Kind aufgibt und ihre eigenen Träume nicht lebt, überträgt unbewusst eine schwere Last auf ihr Kind. Auch wenn sie es nicht in Worte fasst, sendet sie die Botschaft: „Ich habe mein Leben für dich geopfert, also musst du so sein, wie ich es mir vorstelle.“ Oder: „Ich habe alles für dich aufgegeben, also erwarte ich, dass du als Mutter, dein Leben genauso gestaltest.“

Dann folgen die Töchter solcher Mütter oft demselben Muster. Tun sie es nicht, begleitet sie oft ein Leben lang das drückende Gewicht der Schuldgefühle. Ein innerer Konflikt entsteht — zwischen dem, was sie wollen, und dem, was sie glauben, tun zu müssen. Viele Mütter kämpfen genau in diesem Spannungsfeld: zwischen dem Wunsch nach Selbstverwirklichung und den tief verwurzelten Überzeugungen, die ihnen seit ihrer Kindheit vermittelt wurden — nämlich, dass eine „gute Mutter“ nur dann existiert, wenn sie ständig bei ihren Kinder ist. Dieser innere Konflikt kann so viel Raum einnehmen, dass sich die Frau oft zerrissen fühlt.

Wenn eine Mutter auf eine andere trifft und deren kulturelle oder erlernte Werte und Überzeugungen nicht übereinstimmen, entsteht oft ein unsichtbares Feld der Beurteilung, in dem die eine die andere verurteilt. In solchen Momenten berühren sich die Schmerzen beider Frauen. Durch ihr Urteil streben sie unbewusst danach, sich besser zu fühlen: „Ich mache es richtig, ich bin die bessere Mutter!“ Diese gesuchte Bestätigung gibt ihnen einen Hauch von Ruhe und die Kraft, den eigenen inneren Konflikt auszuhalten.

Dieses Urteilsspiel zieht sich durch alle Bereiche der Mutterschaft: Wie viel Bildschirmzeit ist angemessen? Welche Hobbys sind richtig? Wie wichtig sind Schulnoten, wie viele Bücher sollte ein Kind lesen, oder ab welchem Alter ist eine Beziehung akzeptabel? Jede Entscheidung wird genau beobachtet und bewertet, als gäbe es einen universell richtigen Weg, dem alle folgen müssten.

Ich persönlich bin eine dreifache Mutter. Ich habe schon immer mehr gearbeitet, als es in der Kultur, in der ich gerade lebe, üblich ist. Als Mutter habe ich dafür viel Kritik erfahren. Aus einer anderen Kultur kommend, war ich auf diesen ständigen Kampf nicht vorbereitet. Es hat mich tief erschüttert, doch durch intensive Arbeit an mir selbst und die unermüdliche Unterstützung meines wunderbaren Ehemannes habe ich gelernt, damit umzugehen. Jedoch hat nicht jede Mutter so eine starke Unterstützung oder die innere Kraft, diesem Druck standzuhalten.

Das ist die traurige Realität des Mutterseins — ständig im Spannungsfeld zwischen Erwartungen und Urteilen. Egal, welchen Weg eine Mutter wählt, es scheint immer jemanden zu geben, der es anders sieht. Doch Mutterschaft sollte nicht von äußeren Meinungen bestimmt werden. Die Beziehung zwischen einem Kind und seiner Mutter ist ein einzigartiger, individueller Weg, den jede Frau in ihrer eigenen Wahrheit und Stärke gehen darf.

Mutterschaft bedeutet mehr, als ständig präsent zu sein. Kinder brauchen nicht nur die körperliche Anwesenheit ihrer Mutter, sondern auch Authentizität. Eine Mutter, die ihre eigenen Bedürfnisse ernst nimmt, gibt ihrem Kind die wertvolle Botschaft mit: Es ist in Ordnung auf sich selbst zu hören. Es ist okay, sich zurückzuziehen, wenn der Alltag überfordert. Es ist okay, sich mit Freunden zu treffen, zu lachen und auch als Frau und Partnerin Raum einzunehmen. Nur wenn Mütter sich selbst respektieren und sich erlauben, sie selbst zu sein, können sie ihren Kindern vorleben, was es bedeutet, wirklich lebendig zu sein.

Die Perfektion einer Mutter liegt genau darin, dass sie nicht perfekt sein muss — sondern echt.

Und zum Schluss: Wenn du einem Menschen kein Licht schenken kannst, dann versuche wenigstens, keine Dunkelheit für ihn zu sein. Fragen für dich:

Identität

  • Wer bin ich außerhalb meiner Rolle als Mutter?
  • Welche Träume oder Ziele habe ich für mich persönlich, unabhängig von meiner Familie?
  • Habe ich das Gefühl, meine eigene Identität entwickelt sich weiter oder stagniert?
  • Was würde mir helfen, mich selbst wieder besser kennenzulernen?

Beziehung zu den Kindern

  • Welche Werte möchte ich meinen Kindern vermitteln, indem ich gut für mich selbst sorge?
  • Wie möchte ich, dass meine Kinder mich sehen — als Mutter, aber auch als Frau mit eigenen Bedürfnissen?
  • Wie reagiere ich, wenn ich das Gefühl habe, meinen eigenen Ansprüchen als Mutter nicht gerecht zu werden?
  • Bin ich stolz darauf, wie ich die Herausforderungen des Mutterseins bewältige?